In der vorwissenschaftlichen Zeit ging man davon aus, dass Krankheiten dadurch entstehen, dass die Körpersäfte nicht im richtigen Mischungsverhältnis vorliegen. Aufgabe des Arztes war, für eine richtige Mischung zu sorgen. Meistens tat er das, indem er den Patienten zur Ader ließ oder andere Ausleitungsverfahren anwendete. Diese Sichtweise wurde als Säftelehre oder Humoralpathologie bezeichnet.
Seit ca. 150 Jahren wird ein gestörtes Geschehen innerhalb einer Körperzelle als Ursache für das Krankheitsgeschehen angesehen. Man spricht von der Virchow’schen Zellularpathologie. Sie bildet zusammen mit der Mikrobiologie die Basis für die heutige wissenschaftliche bzw. schulmedizinische Sicht der Krankheitsentstehung, der ein klares Ursache-Wirkungs-Prinzip zu Grunde liegt.
Prof. Alfred Pischinger, einem Wiener Histologe ist es zu verdanken, dass auch die Ganzheitsmedizin in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ein wissenschaftliches Fundament bekam. Er führte die im vorwissenschaftlichen Zeitalter geltende Humoralpathologie und die moderne Zellularpathologie zusammen. Für ihn stand fest, dass die Zelle nicht isoliert vom Milieu um sie herum betrachtet werden darf. Er sah die Organzelle und den Raum, der diese Organzelle umgibt, als Einheit an.
Dieser Raum, das Interstitium oder Zwischenzellgewebe wird auch als extrazelluläre Matrix bezeichnet. Oft spricht man heute vom Pischinger Raum, um damit die Wichtigkeit von Pischingers Ansichten zu würdigen. Diese extrazelluläre Matrix steht in engem Kontakt mit allen Zellen und Geweben im Körper und ist damit der eigentliche Entstehungsort von vielen Krankheiten, nicht die Zelle selbst.
Josef Angerer, ein bekannter Naturheilkundler, bezeichnete diesen Raum sehr anschaulich als „Das Meer, in dem die Organe schwimmen“. Hier finden der Informationsaustausch und der Stoffaustausch zwischen den einzelnen Körperzellen sowie zwischen Zellen, Blut und Lymphe statt. Der gesamte Stoffwechsel, also alle biochemischen Vorgänge innerhalb und zwischen den Zellen, laufen hier ab. Sind Stoffaustausch und Informationsaustausch in diesem Bereich gestört, werden Organzellen nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Signalen versorgt und Abfallprodukte nicht mehr ausreichend entsorgt.
Aus ganzheitlicher Sicht ist dieser so genannte Pischinger Raum der eigentliche Entstehungsort vieler Erkrankungen und deshalb auch der Ansatzort vieler naturheilkundlicher Therapien, wie Ausleitung und Neuraltherapie, Entsäuerung, Lymphdrainage, Akupunktur.